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28. Dezember 2023

Trift-Gebiet: Ein Naturjuwel in Not

Der Grosse Rat des Kantons Bern hat am 8. Juni 2023 der KWO die Konzession für die Wasserkraftnutzung im Trift-Gebiet erteilt. Damit ebnet er den Weg für die Zerstörung einer unberührten Berglandschaft mit intakten Auen, sprudelnden Bergbächen und bedrohten Arten. Nach sorgfältiger Prüfung der Konzessionsunterlagen wird sich Aqua Viva auch weiterhin für den Erhalt dieses einzigartigen Naturjuwels einsetzen und hat beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Beschwerde gegen die Konzessionserteilung eingereicht.

Trift-Doku

Wer das Trift-Gebiet noch nie live erlebt hat, dem bietet die Dokumentation Trift - Ein Exempel beeindruckende Bilder von der Schönheit und dem enormen Wert dieser einzigartigen Berglandschaft. 

In den letzten zwei Jahrzehnten wurde in der oberen Trift durch den Gletscherrückgang ein Talkessel frei, in dem heute der Triftsee liegt. Diesen will die KWO mit einer 177 Meter hohen Mauer aufstauen und hat hierfür 2017 ein Konzessionsgesuch eingereicht. Durch den Bau würde das wertvolle Gletschervorfeld vollständig zerstört und das Triftwasser, welches aus dem Triftsee als wilder Bergbach talabwärts fliesst, gefasst und zur Restwasserstrecke degradiert. Angesichts der heute existierenden Alternativen zur Stromproduktion aus Wasserkraft und der bereits starken Beeinträchtigung unserer Gewässer, sieht Aqua Viva darin einen nicht zu begründenden Eingriff in eine der letzten unberührten Berg- und Gewässerlandschaften der Schweiz.

→ Warum sich Aqua Viva für den Erhalt des Trift-Gebiets engagiert

Das Trift-Gebiet liegt im Kanton Bern, im Bezirk Oberhasli. 

Unberührte Gewässerlandschaft

Als Anwältin der Gewässer bringt Aqua Viva eine ökologische Perspektive in die von der Energie- und Klimakrise geprägten Diskussionen ein. Wir haben in der Schweiz bereits 95 Prozent des Wasserkraftpotentials genutzt. Gemeinsam mit unseren Partnerverbänden und vielen engagierten Naturschützer:innen aus der ganzen Schweiz kämpfen wir deshalb um die Trift als eine der letzten unberührten Gewässerlandschaften.

Ökologischer Wert

Die Trift ist eine bedrohte Wildnis und nicht erneuerbar. Aktuelle Studien belegen, dass das Gebiet alle Kriterien zur Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfüllt und eines der sechs Schweizer Gletschervorfelder mit dem grössten Lebensraumpotential ist. Wir müssen die Trift schützen statt sie unserem Energiehunger zu opfern.

→ Aktuelle Studien und Umfragen zum Wert des Trift-Gebiets für Mensch und Natur

Offene Rechtsfragen

Das Triftprojekt steht im Widerspruch mit bestehendem Bundesrecht, insbesondere des Natur- und Heimatschutzgesetzes, des Wasserrechtsgesetzes und des Gewässerschutzgesetzes sowie internationalen Verträgen zum Schutz des Alpenraums. Bevor das Projekt im Hauruck-Verfahren bewilligt wird, fordert Aqua Viva eine sorgfältige rechtliche Prüfung durch die Gerichte und eine fachlich fundierte Interessenabwägung unter echter Berücksichtigung der Anliegen des Schutzes von Natur und Landschaft.

→ Aktuelle Rechts und internationale Verträge mit denen das Trift-Projekt im Widerspruch steht.

Stimmen für die Trift


    Warum sich Aqua Viva für den Erhalt des Triftgebiets engagiert: 

    Schützenswerter Lebensraum

    Durch den Gletscherrückgang hat sich im Triftgebiet die Landschaft stark verändert. Neue, dynamische und vom Menschen unberührte Lebensräume sind entstanden. Der Triftsee sowie die Schwemmebene unterhalb des Gletschers sind die offensichtlichsten Zeugen dieser Entwicklung. Letztere ist bereits derart wertvoll, dass sie alle Kriterien für die Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfüllt. Dort leben Arten wie der Alpensalamander oder Scheuchzers Wollgras, die durch den Bau des Wasserkraftwerks ihren Lebensraum unwiederbringlich verlieren.

    Hoffnung für die Biodiversität

    Das Artensterben ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit und die durch die Gletscherschmelze neu entstehenden Flächen haben ein enormes Potential für unsere Tiere und Pflanzen. Eine Studie (Geo7 2020) hat die Dynamik aller grösseren, bis ins Jahr 2100 eisfrei werdenden Gletschergebiete der Schweiz hinsichtlich ihres ökologischen Wertzuwachses untersucht. Unter den sechs Gebieten mit dem höchsten Entwicklungspotential befindet sich das Vorfeld des Triftgletschers. Die Autoren sehen daher einen «stark erhöhten Schutzbedarf» für das Gebiet.

    Die Gewässer haben ihren Beitrag geleistet

    Die Schweiz nutzt bereits rund 99 Prozent des verfügbaren Wasserkraftpotentials. Der Anteil der Wasserkraft an der gesamten Stromproduktion liegt bereits bei rund 60 Prozent. Auch deshalb leiden unsere Gewässer und die darin lebenden Tiere und Pflanzen. Weniger als 5 Prozent des Schweizer Gewässernetzes gelten noch als vollständig intakt und 65 Prozent der ans Gewässer gebundenen Arten gelten heute als bedroht oder potentiell Gefährdet - kein anderer Lebensraum hat derart unter uns Menschen gelitten. Das Trift Projekt ist in diesem Sinne also nicht einfach nur ein weiteres Projekt zur Steigerung der Winterstromproduktion, sondern eines zu viel im Sinne der Natur.

    Es gibt Alternativen

    Die Wasserkraft ist zwar erneuerbar, ihre Nutzung belastet jedoch die Gewässer und die Landschaft stark. Statt eine gute, aber ausgereizte und biodiversitätsgefährdende Technologie weiter auszubauen, sollten wir die dafür eingesetzten öffentlichen Mittel in den Ausbau ökologisch verträglicher Energieformen und ins Energiesparen investieren. Der unschätzbare Wert unserer Landschaften und der Biodiversität darf und muss nicht der unbestrittenen Energiewende zum Opfer fallen.

    Das Triftgebiet ist den Menschen wichtig

    Für viele Menschen im Berner Oberland und darüber hinaus ist das Triftgebiet mehr als nur eine Ressource im Sinne der Wasserkraftnutzung. Für sie ist das Gebiet Heimat, Erholung und Inspiration. Auch sie haben eine Stimme verdient.

    Aktuelle Studien zum Wert des Trift-Gebiets für Mensch und Natur

    Artenreich

    Ein Gutachten der Firma gutwasser und der Gewässerökologin Dr. Verena Lubini hat im Trift-Gebiet 58 Wasserinsekten nachgewiesen. Darunter zwei Arten der Roten Liste, zehn potenziell gefährdete Arten, sieben National Prioritäre Arten und vier Alpen-Endemiten.

    → Verena Lubini, Remo Wüthrich & Emil Birnstiel (2023): Gewässerbiologisches Gutachten: Makrozoobenthos.

    Unbedingt schützenswert

    Eine aktuelle Kartierung des Triftgebiets von Mary Leibungut zeigt, dass dieses die Kriterien für die Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfüllt und somit geschützt werden müsste. 

    → Mary Leibungut (2022): Gletschervorfeld Trift. IGLES-Kartierung.

    Besonders wertvoll

    Eine Studie von Geo7 hat ergeben, dass sich das Triftgebiet unter den sechs wertvollsten bis ins Jahr 2100 eisfrei werdenden Gletschergebieten der Schweiz befindet. 

    → geo7 (2021): Alpine Auen. Entwicklung 2000-2100.


    Hohe Landschaftqualität

    Ein Landschaftsgutachten von Hans-Michael Schmitt zeigt, dass das Trift-Gebiet hohe bis sehr hohe Landschaftsqualitäten aufweist und demnach ein besonderer Schutzbedarf vorliegt. 

    → Hans Michael Schmitt (2023): Qualität und Bedeutung der Triftlandschaft. Gutachten zum Landschaftsbild.

    Dringend gebraucht

    Die Eawag zeigt, dass kälteliebende Gewässerbewohner zukünftig auf Gewässer in höheren Lagen angewiesen sind - insbesondere auf die durch die Gletscherschmelze freiwerdenden Flächen. 

    → Wilkes et al (2023): Glacier retreat reorganizes river habitats leaving refugia for Alpine invertebrate biodiversity poorly protected.

    Gesellschaftlich gewünscht

    Eine repräsentative Stichprobe der Schweizer Bevölkerung kommt zu dem Urteil, dass Landschaftsentwicklungen durch Anlagen erneuerbarer Energien in naturnahen Berggebietslandschaften zurzeit eher unerwünscht sind.

    → ETH Zürich, Energyscape (2019): Empfehlungen für eine Landschaftsentwicklung durch Anlagen erneuerbarer Energien in der Schweiz. 

    Offene Rechtsfragen

    Das Natur- und Heimatschutzgesetz führt auf, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben. Das bedingt eine umfassende Interessensabwägung.

    Biotope, in welchem sich gefährdeten und seltenen Pflanzen- und Tierarten, die in den vom BAFU erlassenen Roten Listen aufgeführt sind, werden als schützenswert bezeichnet (NHG). Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Die Studien haben 58 Wasserinsekten im Trift-Gebiet nachgewiesen, die durch das Projekt ihren Lebensraum verlieren. Darunter zwei Arten der Roten Liste, zehn potenziell gefährdete Arten, sieben national prioritäre Arten und vier Alpen-Endemiten – also Arten die ausschliesslich im Alpenraum vorkommen. Auch in Bezug auf die Wassermenge verlangen diese Tiere einen angemessenen Schutz und Lebensraum (GSchG).

    Im Art. 22 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte heisst es, dass Naturschönheiten zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten sind. Auch die von der Schweiz unterzeichnete Alpenkonvention fordert den Erhalt besonderer natürlicher und naturnaher Landschaftsstrukturelemente, Biotope, Ökosysteme und traditioneller Kulturlandschaften.

    Art. 22 Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte

    1 Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.

    Art. 3 Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer

    Jedermann ist verpflichtet, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt anzuwenden, um nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer zu vermeiden.

    Art. 2 Alpenkonvention

    (1) Die Vertragsparteien stellen unter Beachtung des Vorsorge-, des Verursacher- und des Kooperationsprinzips eine ganzheitliche Politik zur Erhaltung und zum Schutz der Alpen unter ausgewogener Berücksichtigung der Interessen aller Alpenstaaten, ihrer alpinen Regionen sowie der Europäischen Gemeinschaft unter umsichtiger und nachhaltiger Nutzung der Ressourcen sicher. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit für den Alpenraum wird verstärkt sowie räumlich und fachlich erweitert.

    (2) Zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zieles werden die Vertragsparteien geeignete Maßnahmen insbesondere auf folgenden Gebieten ergreifen:

    (...)

    f) Naturschutz und Landschaftspflege - mit dem Ziel, Natur und Landschaft so zu schützen, zu pflegen und, soweit erforderlich, wiederherzustellen, dass die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensräume, die Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Leistungsfähigkeit der Naturgüter sowie Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit dauerhaft gesichert werden,

    Aqua Viva 4/2021

    Alpine Gewässerlebensräume unter Druck

    Diese aqua viva Ausgabe widmet sich den unberührten und biodiversen Gewässerlebensräumen der Schweizer Alpen. Viele drohen zu verschwinden, bevor sie richtig erforscht sind.

    Was hat die globale Biodiversitätskrise mit der Trift zu tun?

    Alpine Gewässerlebensräume verfügen über ein enormes Potential zum Erhalt der Schweizer Artenvielfalt. Doch unser Energiehunger macht auch vor ihnen nicht Halt. Wir haben jetzt die Chance, der Natur etwas zurückzugeben – stattdessen sind wir dabei, Wesentliches zu verspielen.

    Gletschervorfelder: Neuland mit vielseitigem Potential

    Durch den Gletscherrückzug entstehen junge, ungestörte Lebensräume mit grossem Entwicklungspotenzial, wie sie in der Schweiz selten sind. Ihre Vielfalt, Dynamik und Seltenheit machen sie besonders wertvoll. Doch einige der heute intakten Gletschervorfelder sind durch den geplanten Ausbau der Wasserkraft akut bedroht.

    Wasserkraftnutzung und Energiewende

    «Schon bald könnte der Strom knapp werden …». Dieser Satz ist ein altbekannter Schlachtruf der Stromwirtschaft, wenn es um den Bau von neuen Wasserkraftwerke geht. Wer aber mit Stromknappheit droht, hätte Jahrzehnte lang Zeit gehabt, andere Konzepte und Alternativen zu studieren - allen voran die Solarstromerzeugung mit Photovoltaik.

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    Salome Steiner

    Salome Steiner

    Geschäftsleiterin

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