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8. Juni 2023

Trift: Ein Naturjuwel in Not

Der Grosse Rat des Kantons Bern hat am 8. Juni 2023 der KWO die Konzession für die Wasserkraftnutzung im Triftgebiet erteilt. Damit ebnet er den Weg für die Zerstörung einer unberührten Berglandschaft mit intakten Auen, sprudelnden Bergbächen und sich entwickelnden Moorflächen. Aqua Viva wird sich auch weiterhin für den Erhalt dieses einzigartigen Naturjuwels einsetzen.


«Das Triftgebiet hat einen unermesslichen Wert und Potential als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Für viele Menschen im Oberhasli und darüber hinaus ist es zudem ein wichtiger Teil ihrer Heimat und Sinnbild Schweizer Identität.»

Salome Steiner, Geschäftsleiterin Aqua Viva

In den letzten zwei Jahrzehnten wurde in der oberen Trift durch den Gletscherrückgang ein Talkessel frei, in dem heute der Triftsee liegt. Diesen will die KWO mit einer 177 Meter hohen Mauer aufstauen und hat hierfür 2017 ein Konzessionsgesuch eingereicht. Durch den Bau würde das wertvolle Gletschervorfeld vollständig zerstört und das Triftwasser, welches aus dem Triftsee als wilder Bergbach talabwärts fliesst, gefasst und zur Restwasserstrecke degradiert. Angesichts der heute existierenden Alternativen zur Stromproduktion aus Wasserkraft und der bereits starken Beeinträchtigung unserer Gewässer, sieht Aqua Viva darin einen nicht zu begründenden Eingriff in eine der letzten unberührten Berg- und Gewässerlandschaften der Schweiz.


Warum sich Aqua Viva für den Erhalt des Triftgebiets engagiert: 

Schützenswerter Lebensraum

Durch den Gletscherrückgang hat sich im Triftgebiet die Landschaft stark verändert. Neue, dynamische und vom Menschen unberührte Lebensräume sind entstanden. Der Triftsee sowie die Schwemmebene unterhalb des Gletschers sind die offensichtlichsten Zeugen dieser Entwicklung. Letztere ist bereits derart wertvoll, dass sie alle Kriterien für die Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfüllt. Dort leben Arten wie der Alpensalamander oder Scheuchzers Wollgras, die durch den Bau des Wasserkraftwerks ihren Lebensraum unwiederbringlich verlieren.

Hoffnung für die Biodiversität

Das Artensterben ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit und die durch die Gletscherschmelze neu entstehenden Flächen haben ein enormes Potential für unsere Tiere und Pflanzen. Eine Studie (Geo7 2020) hat die Dynamik aller grösseren, bis ins Jahr 2100 eisfrei werdenden Gletschergebiete der Schweiz hinsichtlich ihres ökologischen Wertzuwachses untersucht. Unter den sechs Gebieten mit dem höchsten Entwicklungspotential befindet sich das Vorfeld des Triftgletschers. Die Autoren sehen daher einen «stark erhöhten Schutzbedarf» für das Gebiet.

Die Gewässer haben ihren Beitrag geleistet

Die Schweiz nutzt bereits rund 99 Prozent des verfügbaren Wasserkraftpotentials. Der Anteil der Wasserkraft an der gesamten Stromproduktion liegt bereits bei rund 60 Prozent. Auch deshalb leiden unsere Gewässer und die darin lebenden Tiere und Pflanzen. Weniger als 5 Prozent des Schweizer Gewässernetzes gelten noch als vollständig intakt und 65 Prozent der ans Gewässer gebundenen Arten gelten heute als bedroht oder potentiell Gefährdet - kein anderer Lebensraum hat derart unter uns Menschen gelitten. Das Trift Projekt ist in diesem Sinne also nicht einfach nur ein weiteres Projekt zur Steigerung der Winterstromproduktion, sondern eines zu viel im Sinne der Natur.

Es gibt Alternativen

Die Wasserkraft ist zwar erneuerbar, ihre Nutzung belastet jedoch die Gewässer und die Landschaft stark. Statt eine gute, aber ausgereizte und biodiversitätsgefährdende Technologie weiter auszubauen, sollten wir die dafür eingesetzten öffentlichen Mittel in den Ausbau ökologisch verträglicher Energieformen und ins Energiesparen investieren. Der unschätzbare Wert unserer Landschaften und der Biodiversität darf und muss nicht der unbestrittenen Energiewende zum Opfer fallen.

Das Triftgebiet ist den Menschen wichtig

Für viele Menschen im Berner Oberland und darüber hinaus ist das Triftgebiet mehr als nur eine Ressource im Sinne der Wasserkraftnutzung. Für sie ist das Gebiet Heimat, Erholung und Inspiration. Auch sie haben eine Stimme verdient.


Nachgewiesenerweise ist das Triftgebiet ... 

... besonders wertvoll

Eine Studie von Geo7 hat ergeben, dass sich das Triftgebiet unter den sechs wertvollsten grösseren und bis ins Jahr 2100 eisfrei werdenden Gletschergebieten der Schweiz befindet. Aufgrund seines ökologischen Potenzials kommt die Studie zum dem Schluss, dass für das Triftgebiet ein stark erhöhter Schutzbedarf vorliegt.  

→ geo7 (2021): Alpine Auen. Entwicklung 2000-2100.

... unbedingt schützenswert

Eine aktuelle Kartierung des Triftgebiets von Mary Leibungut zeigt, dass dieses die Kriterien für die Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfüllt und somit geschützt werden müsste. 

→ Mary Leibungut (2022): Gletschervorfeld Trift. IGLES-Kartierung.

... dringend gebraucht

Die Eawag hat gezeigt, dass kälteliebende Gewässerbewohner zukünftig auf Gewässer in höheren Lagen angewiesen sind und dass den durch die Gletscherschmelze freiwerdenden Flächen hierbei eine herausragende Bedeutung zukommt. 

→ Wilkes et al (2023): Glacier retreat reorganizes river habitats leaving refugia for Alpine invertebrate biodiversity poorly protected.

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Mantelerlass: Mehr Wasserkraft, weniger Biodiversität

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Politisch umkämpfte Lebensgrundlage

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Landschaftsinitiative: Spannende Schlussetappe des Gegenvorschlags

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